Nachricht vom 14. Februar 2011

“Angies Ausflug”: Federleicht, herrlich heiter und mit viel Hintersinn

Die Tür geht auf und aus dem Nebel tauchen Engel – durchaus mit einem “B” vorn – auf, rücken den Himmelsthron für den Chefengel zurecht: Bühne frei für die Reinsbronner Jugendtheatergruppe und “Angies Ausflug”.
Federleicht und herrlich heiter haben Heike und Ulrich Pfänder mit der jungen Bühnenzinnober-Garde die himmlische Komödie von Arno Boas auf die Bühne gebracht.

Recht despektierlich sind die (B)Engelchen Angie (Johanna Habel) und Paul (Friedrich Meder) – und ganz gewaltig von Neugier geplagt: Im Himmel ist nix los, zu wenig Action und von Disco keine Rede. Dabei hätten die beiden eigentlich genug zu tun, um auf ihre Menschen Philipp (Micha Habel) und Ben (Daniel Wolfarth) aufzupassen. Der eine, leicht verschusselt, verliebt, Poet dazu, erwischt fast jede Bananenschale, um darauf auszurutschen. Der andere schlingert viel zu schnell auf dem Motorrad durch die Lande und nimmt es nicht grade ganz genau mit Vorschrift und Gesetzen. Kein Wunder, dass die Truppe mit dem ersten Akt von “Angies Ausflug” beim gesamtfränkischen Kinder- und Jugendtheatertag das begehrte “Theater-Fränzla” abräumte, so die einhellige Zuschauermeinung nach der Reinsbronner Premiere am Samstagabend.

Was Akt Nummer eins in Bad Bocklet versprach, hält das Gesamtstück. Da passt alles, vom Spielstart draußen vor der Tür bis hin zum Schlussakkord auf dem himmlischen Beobachtungsposten. “Erste Sahne”, urteilte Autor Arno Boas, der sein 1996 uraufgeführtes Stück “Vo weeche alles g´seeche” eigens für die Jugendgruppe gekürzt und umgeschrieben hatte. Von der spritzig-ideenreichen Inszenierung wurde er trotzdem stellenweise gewaltig überrascht. Ideen, so das Oberndorfer Regisseursehepaar Heike und Ulrich Pfänder, die seit 2007 für das Jugendtheater verantwortlich zeichnen, haben die 12- bis 16-jährigen Jugendlichen selbst reichlich mit eingebracht. “Wir sind fast schon zur Familie zusammengewachsen,” erzählen sie. Das merkt man der Aufführung an. Die sprüht vor Spielbegeisterung, ist ganz dicht angedockt an Lebenswelt und -erfahrung der jungen Darsteller.

Es geht um die Zukunft des Jugendclubs: Kerstin (Tanja Kellermann) und Oskar (Fabian Deppisch) sorgen patent und kess für Ordnung und organisieren die Renovierungsarbeiten, während Ben durch die Gegend brettert und der in Sarah (Maria Czernjewski) verliebte Philipp an Lyrik und Romanskript feilt. Schwesterchen Emma (Rebecca Habel) amüsiert sich über Philipps literarische und amouröse Ambitionen: Sie hält es eher mit Draufgänger Ben. Dass so einer von Schutzengeln nichts hält, ist logisch. Doch auch Philipp traut seinen Augen nicht, als plötzlich Angie vor ihm steht, Schutzengel-Anfänger auf Bewährung und widerrechtlich in irdischen Gefilden zugange. Sie sorgt für Wirbel: Nur Philipp sieht sie, und sie mischt sich ein – in Liebesdingen ebenso wie bei Bananenschalen. Einfach schön, wie die Truppe das Verwirrspiel um die Unsichtbare umsetzt, erstaunte Blicke wechselt, verzweifelt Augen rollt, die Hände ringt, und nebenbei den Club saniert.
Rasante Verfolgungsjagden und fast schon akrobatische “Flugszenen” geben reichlich Drive und sorgen für berechtigten Szenenapplaus. Man merkt: die Truppe agiert perfekt aus einem Guss.

Stark sind auch Einzelleistungen, etwa, wenn Micha Habel, nur von Traumklang hinterlegt, Philipp fast schon zwingende Solopräsenz verleiht oder Daniel Wolfarth als Ben den bösen Buben gibt, wenn Engel Angie den Spagat zwischen Engelsbravheit und Bengelsneugier bravourös austariert, Friedrich Meder sich als kesser Jung(b)engel in den Trubel einmischt oder Fabian Deppisch und Tanja Kellermann als Clubbeauftragte die Truppe zur Ordnung rufen.

Sehr gelungen ist auch Emma: Rebecca Habel meistert die Emotionspartitur von frech bis tief getroffen mit erstaunlicher Lebendigkeit. Ganz schön komplex ist auch die Rolle von Sarah: Maria Czernjewski spielt Freund Philipp kräftig was vor, dieweil Chefengel Raffael Sachadä die Entwicklung würdig und kritisch aus himmlischer Distanz beäugt. Insgesamt eine Jugendtheater-Meisterleistung bis hin zur Technik, die David Stirmlinger perfekt im Griff hat.  Inge Braune (Fränkische Nachrichten)

Zwei Aufführungen stehen noch an: am Samstag, 19. Februar, 20 Uhr und am Sonntag, 20. Februar, 18 Uhr im Gemeindehaus Reinsbronn.

Karten-Infos bei Familie Wolfarth, Telefon 07933-7597