Ein Tag und drei Leben (2015)

Nach vier Jahren Sommerpause geht es für den Theaterverein 2015 wieder ins Geyer-Schloss Reinsbronn. Wir alle freuen uns auf die neue Saison – und sie hat am 26. Juni erfolgreich begonnen.

Die lokalen Zeitungen schrieben über die Premiere:

Köstliches Theatermenü serviert

Eine glanzvolle Premiere hatte im Reinsbronner Geyer-Schloss das neue Lustspiel des Mundartautors Arno Boas. „Ein Tag und drei Leben“ begeisterte die Zuschauer.
Ein köstliches Menü, komponiert aus hochwertigen regionalen Zutaten und in herrschaftlicher Atmosphäre ideenreich den Gästen dargeboten – das ist, auf den Punkt gebracht, die Komödie „Ein Tag und drei Leben“. Das Lustspiel aus der Feder des Finsterlohrer Mundartautors hatte seine Uraufführung im Hof des Geyer-Schlosses.
Bei angenehmen Temperaturen und ohne einen Tropfen Regen genossen die zahlreichen Gäste das 29. abendfüllende Theaterstück, das Arno Boas für den Theaterverein „Reinsbronner Bühnenzinnober“ geschrieben hat. Die Werke für das Jugendtheater sind dabei noch gar nicht mitgerechnet. Die hohen Erwartungen der Besucher, unter ihnen viele Stammgäste, wurden nicht enttäuscht. Wieder einmal ist es dem Dichter gelungen, im Gewand einer Komödie den dörflichen Alltag so hintergründig zu präsentieren, dass zum herzlichen Lachen über die gelungenen Pointen urplötzlich der Schreck vor dem tritt, wozu Menschen auch im kleinsten Dorf fähig sind.

Begegnung mit Ureinwohnern

Der Autor zeigt sich wieder als subtiler Beobachter der Menschen seiner Heimat. Wie sie leben, denken und handeln, lässt er auch in seinem neuen Werk lebendig werden. Dabei nützt er großartig den heimischen Dialekt als Mittel zur Charakterisierung der Darsteller. Da ist Iris, die vor 30 Jahren nach Australien ausgewanderte Nichte des verstorbenen Rudolf. Dessen Erbschaft sucht seinen rechtmäßigen neuen Besitzer – und nicht nur Iris denkt, dass Haus und Hof allein ihr zustehen.
Jedenfalls hat sie sich zusammen mit ihrer großen Patchwork-Familie aufgemacht in die Heimat. Eines schärft sie unterwegs ihren jungen Leuten ein: „Wenn ihr die Menschen verstehen wollt, müsst ihr euch ihre Sprache aneignen“. Sehr schnell führt dieser gut gemeinte Ratschlag zu allerlei Begegnungen mit den Reinsbronner Ureinwohnern – und zu den einer Komödie eigenen Verwicklungen, die am Ende zum Happy End führen. Großen Anteil daran hat der verstorbene Rudolf, dessen Vermächtnis in ungeahnter Weise die Akteure aus Reinsbronn und Brisbane auf neue Wege führt.
Als „stille“ Beobachter zeigen sich die vier Tiere, die in ihren munteren Dialogen richtig philosophisch werden – eine gute Idee des Autors, der so einen ganz eigenen Blick von außen auf das Geschehen freigibt. Dass er zudem die traditionellen Essgewohnheiten der Bevölkerung humorvoll und zugleich durchaus ernsthaft aufs Korn nimmt, garantiert weitere überraschende Szenen, die den Besucher zum Lachen bringen – und zum Nachdenken über das eigene Verhalten. Unter der einfühlsamen und pointierten Regie von David Winkenstern brachte die bewährte Truppe des Theatervereins „Reinsbronner Bühnenzinnober“ das Lustspiel auf die Bühne. Innenhof und Altane des Reinsbronner „Geyer-Schlosses“, schon mehrfach für Freilichtaufführungen genutzt, konnten dank des Entgegenkommens der neuen Schlossherren Uwe Ottmar und Thomas Beez wieder bespielt werden.

Sommerlicher Wohlfühlabend

Sparsam die Kulisse, zwei Podeste geben die Möglichkeit, Parallelhandlungen darzustellen, hervorgehoben durch sparsam eingesetzte, doch punktgenaue Lichteffekte. Kontroverse Lebensgewohnheiten, mal stur verteidigt, mal offen angeboten, werden so für den Zuschauer plastisch sichtbar.
Von der Altane herunter erklang dann noch der von Arno Boas getextete und von Micha Habel vertonte romantisch-besinnliche Song „Woher wir komm’n, wohin wir geh’n“. Alles zusammen, auch die neue Zuschauertribüne und die Schlossschänke, ergaben für die Premierengäste einen heiteren sommerlichen Wohlfühlabend.

Harmonisches Team

Hohe Spielfreude und die teilweise langjährige Theater-Erfahrung war den 23 Amateurschauspielern deutlich anzumerken. Sieben von ihnen haben bisher im Reinsbronner Kinder- beziehungsweise Jugendtheater gespielt – eine echte Bereicherung für den Bühnenzinnober. Von der Theatergruppe „Schau mer X“ der Diakonie Neuendettelsau vervollständigten zwei Menschen mit Behinderung das Ensemble. Die beiden wurden sehr gut in die Gruppe integriert und präsentierten ihre beachtlichen schauspielerischen Fähigkeiten. Der erfahrene Regisseur formte aus all den verschiedenen Charakteren ein Team, das harmonisch aufeinander eingespielt war und sich – was ja gerade bei einer spritzig-witzigen Komödie wichtig ist – so die Bälle zuwarf, dass der Zuschauer ordentlich etwas zu lachen bekam.
In Gestik und Mimik sowie im Handlungsablauf war die führende Hand von David Winkenstern deutlich zu spüren. Die Familiengruppen spielten so einerseits ihre Einheit, andererseits aber auch ihre internen Konflikte, perfekt aus. Es wäre nicht angemessen, einzelne Schauspieler hervorzuheben – die Leistungen waren durchweg überdurchschnittlich, und auch die kleinen Rollen wurden mit Hingabe und hohem Engagement dargestellt.

Weitere Bilder von der Reinsbronner Inszenierung sind in einer Fotostrecke auf der Homepage www.fnweb.de zu finden.
Peter Keßler