Auch Drachen sind nur Menschen (2003)

Charlott wohnt mit ihrer pubertierenden Tochter Kathrin, einem Findelkind, in einem kleinen Schloss auf dem Lande. Die Sorgen sind groß, denn das Geld reicht nicht für eine dringend notwendige Renovierung. Kathrin derweil kümmert sich wenig um die Realität.
Als sie plötzlich die Stimme eines Frosches aus dem Brunnen hört, glaubt sie zunächst an ein Hirngespinst. Aber als auch noch Märchenfiguren wie Rotkäppchen und Hänsel und Gretel leibhaftig vor ihr stehen, wird ihr klar, dass sie in die Märchenwelt eingetaucht ist.

Hier stößt sie auch auf Faramund, den unerschrockenen Drachenkämpfer, den einst eine Hexe verfluchte. Während sich die beiden näherkommen, wird die Märchenwelt zunehmend von einer finsteren Gestalt namens Death Rider bedroht. Doch die schlimmste Gefahr für Kathrin lauert dort, wo sie sie am wenigsten erwartet hätte…


Personen: 14 (+ 1 Sprechrolle) 6w/8m oder 7w/7m


Das sagt die Presse

Im Geyer-Schlösschen wimmelte es nur so von Märchengestalten

Premiere von “Auch Drachen sind nur Menschen” von Arno Boas
Reinsbronn. Einen faszinierenden Abend erlebte das Premierenpublikum am vergangenen Freitag in Reinsbronn. Das Märchentheater aus der Feder von Arno Boas “Auch Drachen sind nur Menschen” verzauberte Jung und Alt. Wirkungsvoll in Szene gesetzt wurde es von Peter Warkentin vom Russlanddeutschen Theater in Niederstetten.
Als ideale Bühne für diese Freilichtaufführung erwies sich das Reinsbronner Geyer-Schlösschen mit seinem romantischen Innenhof. Ein Märchen, und zwar ein “modernes”, ist diesmal der schier unerschöpflichen Phantasie des Hohenloher Mundart-autors Arno Boas entsprungen. Da wimmelt es nur so von Märchengestalten wie Dornröschen, Rotkäppchen, Hänsel und Gretel und aus der Tiefe des Schlossbrunnens gibt ein Frosch (Mario Baaz) seine Kommentare zum phantastischen Treiben.
Doch es meldet sich auch die moderne Welt in der Gestalt eines gerissenen Immobilienmaklers (Wolfgang Hess).

Er möchte der verarmten Schlossherrin und ihrer “spät-pubertierenden” Tochter Kathrin das Schloss zu billigem Preis abluchsen. Munter und mit viel Spielwitz geht es hin und her zwischen dem Alltag im leicht baufälligen Schloss und der Märchenwelt mit ihrem eigenen Zauber.
In der Person der Kathrin – überzeugend verkörpert durch Silke Herrschlein – treffen sich diese beiden Spielebenen. “Ich bin gar nicht die, für die ich mich gehalten habe. Aber wer bin ich denn?” Um diese Frage kreist Kathrins Denken und das ganze Stück. Natürlich zeigt sich am Ende der gut zweistündigen Theateraufführung, dass das Mädchen einst verzaubert wurde und eigentlich jemand ganz anderes ist. Doch dazwischen liegen wilde Kämpfe mit den Verkörperungen des Bösen, die Kathrin alle mutig besteht. So siegt am Ende das Gute – wie sich das für ein Märchen gehört.

Zum 20-jährigen Jubiläum des “Reinsbronner Bühnenzinnobers” schrieb Arno Boas sein erstes märchenhaftes Theaterstück. Es strotzt nur so von spritzigen Dialogen und phantasievollen Einfällen – wie man das auch bisher von diesem Autor kannte. Und die Boas´sche Moral von der Geschicht´: Verachtet mir die Märchen nicht! In nur vier Tagen brachte er das Ganze zu Papier. Da muss ihn die Muse der Dichtkunst recht intensiv geküsst haben.
Professionell inszeniert wurde die doppelbödige Handlung durch Peter Warkentin , garniert mit jeweils passender Szenenmusik. Geschickt nutzt er alle baulichen Möglichkeiten des 400-jährigen Schlosses mit seinem stimmungsvollen Ambiente und seinen dunklen Keller-Verliesen. Unter Warkentins Regie steigerte sich die schauspielerische Leistung der engagierten Laienspielschar enorm. Einmal mehr bewies die Reinsbronner Theatergruppe ihr beachtliches Niveau.
Gefährlich fauchend mimte Edgar Habel den bösen Wolf, der schließlich unter zuckenden Lichteffekten sein verdientes Ende fand. Höllische Rauchschwaden waberten, als der oberste der Bösewichter (Michael Schwarz) wild gestikulierend sein Unwesen trieb. Eigentlich fehlte nicht viel, dann hätte Elvira Hehn als alte Hexe mit schriller Stimme und beschwörender Gestik das Publikum an Ort und Stelle verzaubert.

Als Gegenspieler dieser bösen Geister fungierten bekannte Märchengestalten. Allen voran der “mächtige” Kaiser – eine urkomische Rolle, die Eberhard Meder wie auf den Leib geschrieben schien. Singend stürmten seine kaiserlichen Untertanen Hänsel (Jochen Heppel mit Hexenbesen) und Gretel (Marieluise Kreiselmeier) über die Bühne. Mit naivem Augenaufschlag folgte den beiden allerliebst das Rotkäppchen (Monika Kreiselmeier). Auch Dornröschen war kurz aus seinem Dauerschlaf erwacht, rieb sich die Augen und trat auf in Gestalt von Carmen Hess.
Großer Jammer hat diese Märchenfiguren erfasst, denn in der Menschenwelt schwindet ihre Bedeutung immer mehr. Nur Kathrin hat ein Gespür dafür, denn sie hat als einzige Zugang zu dieser Zauberwelt. Ihre Mutter (Sabine Haag als tatkräftige Schlossbesitzerin) und auch die Nachbarn (Jochen Haag und Tobias Weid) kümmern sich nur ums Praktische. Kathrins Welt bleibt ihnen verschlossen.
Allein der jugendliche Held Faramund kann da mithalten. Timo Wörrlein spielte diesen “Wanderer zwischen zwei Welten”, der mal als unerschrockener Drachenkämpfer, mal als Kammerjäger im baufälligen Schloss agieren muss. Und so kommt es, wie es eben im Märchen kommen muss: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute…
Auf alle Fälle leben sie noch bis zum 13. Juli. Am sichersten trifft man sie alle an bei einer der nächsten Vorstellungen im lauschigen Hof des alten Geyer-Schlösschens zu Reinsbronn. Anita Keßler
Erscheinungstag: 30.06.2003