An einem Tag im März (2013)

„An einem Tag im März“: Drama von Arno Boas vom Theaterverein Reinsbronner Bühnenzinnober uraufgeführt / Ensemble mit starker Leistung

Bewegender Blick in eine bewegte Zeit

Reinsbronn. Künstlerisch gestaltet hat Arno Boas das, was im Frühjahr des Jahres 1933 in Tauberfranken geschah. Die Premiere seines neuesten Dramas “An einem Tag im März” gelang dem Theaterverein “Reinsbronner Bühnenzinnober” bewegend. Kann Frieden zwischen Menschen unterschiedlicher Traditionen auch in schwierigen Zeiten bewahrt werden – oder führt wirtschaftliche Hoffnungslosigkeit unweigerlich zu Neid, Hass und Totschlag? Auch nach dem überraschenden musikalischen Schlussakzent des Abends wurde diese Frage unter den zahlreichen Zuschauern der Premiere im Reinsbronner Gemeindesaal heftig diskutiert.

Der Mundartautor aus Finsterlohr hatte in seinem neuesten Werk nachgezeichnet, wie die Machtergreifung Adolf Hitlers Menschen beeinflusste und veränderte. In die Gaststube einer kleinen ländlichen Wirtschaft hinein dringen dabei die politischen Ereignisse, die Anfang 1933 die Menschen in Deutschland bewegen. Die Handlung ist frei erfunden, doch der historische Hintergrund ist real – es geschah am 25. März 1933 in Creglingen.
Mit dem Drama “An einem Tag im März” gelingt dem Finsterlohrer Autor Arno Boas der schwierige Spagat zwischen den tragischen Ereignissen von 1933 und spannender, guter Unterhaltung. Feinsinnig zeichnet er die unterschiedlichen Typen seiner Handlung. Offenbar hat der Journalist Boas die seltene Gabe, seinen Hohenlohern nicht nur “aufs Maul” zu schauen, sondern auch in die Seelen. Die Besucher der Premiere genossen also zwei kurzweilige Stunden, gespickt mit hintergründigem Humor und einer wohl dosierten Brise Situationskomik.

Wie beim “Reinsbronner Bühnenzinnober” gewohnt, kam auch das Lachen nicht zu kurz. Doch bisweilen blieb es einem bei diesem historischen Kontext im Halse stecken.

Arno Boas gebührt das Verdienst, die unseligen Ereignisse von damals nach 80 Jahren für die heutige Generation künstlerisch unterhaltsam und zugleich tiefgründig in Szene gesetzt zu haben. Mit dem Worten der Wirtstochter Marie am Ende des Dramas ausgedrückt: “Weißt Du, Vater, vergessen zu werden ist, wie wenn man noch einmal stirbt”.

Dabei kann sich der Autor auf seine bewährte Bühnenzinnober-Truppe verlassen: Sieben Amateurschauspieler, die bereits über viel Bühnenerfahrung verfügen und drei neue Gesichter, die aus der Jugendgruppe nachgerückt sind. Überzeugend Eberhard Meder als NSDAP-Ortsgruppenleiter Fritz, dem man den fanatischen Nazi von der ersten bis zur letzten Szene abnimmt. Die Rolle des arbeitslosen Weltkriegs-Veteranen Otto ist Richard Beck wie auf den Leib geschrieben. Mit seinen treffenden Anmerkungen hat er nicht selten die Lacher auf seiner Seite und am Ende resümiert er enttäuscht: “Alli Leit’ halte bloäß noch ihr Gosche”.

Edgar Habel verkörpert den wankelmütigen und gelegentlich tolpatschigen Gastwirt Alfred eindrucksvoll. Zusammen mit Else, seiner Frau (Susanne Stirmlinger) lebt und handelt er nach der Devise: “Mir welle nit auffalle.” Beeindruckend gelingt Susanne Stirmlinger dann angesichts des Pogroms der Wandel zur mitfühlenden, verzweifelten Bewohnerin des Städtchens. Dass auch Zivilcourage damals möglich war, zeigt der Autor mit der Gestalt der Katharina. Die Rolle dieser starken Frau spielt Monika Kreiselmeier mit viel Einfühlungsvermögen.

Trefflich Jochen Heppel als korrekter Bankangestellter und Dirigent des Gesangvereins, der immer brav sein “Fähnchen nach dem Wind” hängt – ein Mitläufer wie so viele. Ganz anders die fesche Tante Emmy aus Stuttgart: Ein Hauch der großen weiten Welt umweht Michaela Nörr, die durch Gestik, Mimik und durch ihr Hochdeutsch absticht vom den Hohenloher Kleinstadt-Charakteren. Man nimmt es ihr ohne weiteres ab, dass ihr “diese Nazis ein Gräuel” sind. Kein Wunder, dass Nichte Marie sie bewundert. Maria Czerniejewski spielt die aufmüpfige und unangepasste Tochter des Wirtsehepaars, die gerne zu “entarteter” Musik tanzt, mit sichtlicher Begeisterung. Mit ihr und ihrem von Groß-Deutschland träumenden Bühnen-Bruder (Friedrich Meder) und mit Rebecca Habel (die überzeugend die Nazi-Kellnerin Alwine mimt) wachsen dem “Reinsbronner Bühnenzinnober” im 30. Jahr seines Bestehens drei hoffnungsvolle Nachwuchstalente heran.

Regie führte diesmal wieder der Autor selbst – ideenreich und ausdrucksstark. In Mimik und Gesten der Darsteller war seine leitende Hand stets zu erkennen. Die gerade für die Tanzszenen recht kleine Bühne des Reinsbronner Gemeindehauses erweiterte er geschickt durch eine Vorbühne, die zugleich die Tiefenwirkung des Raums vorteilhaft erweiterte.

Ein aufwändig gestaltetes Bühnenbild und zahlreiche zeitgenössische Requisiten (von der Kleidung über die Frisuren bis hin zum Volksempfänger) schufen die passende historische Kulisse. Sorgsam waren Ton und musikalische Einspielungen ausgewählt. Mit Geschick meisterte das junge Technik-Team die Herausforderungen von Licht und Ton, gute Arbeit hatten Souffleur und Maske geleistet. Auch das Orga-Team arbeitete routiniert, Flyer und Plakate weckten den Appetit auf dieses neueste Produkt aus der Feder von Arno Boas.

Weitere Aufführungen sind in Reinsbronn am Freitag, 8. und Samstag, 9. März, jeweils 20 Uhr, am Sonntag 10. März, 19 Uhr, sowie am Freitag, 15., und Samstag, 16. März, jeweils 20 Uhr. Karten gibt es unter Telefon 07932/371017 (Familie Nörr, werktags zwischen 18.30 und 21 Uhr), weitere Infos auch unter www.buehnenzinnober.de.

© Fränkische Nachrichten, Dienstag, 05.03.2013