Die Treibjagd (2010)

Neid, Neugier und Niedertracht sind weit verbreitete menschliche Eigenschaften. Wenn dann noch Gier, Geltungssucht und Gedankenlosigkeit hinzu kommen, bildet sich schnell der ideale Nährboden für wildeste Gerüchte. Was gibt es Spannenderes, als eben Gehörtes – „etwas“ dramatisiert – weiter zu erzählen, es anzureichern mit der eigenen Vorstellungskraft und so vermeintlich Fakten zu schaffen, die in Wirklichkeit nichts anderes sind als Hirngespinste?

Gerüchte eben, an denen nichts dran ist. Opfer eines solchen Gerüchtes wird der Klavierlehrer Clemens, der seit kurzem in einem kleinen Städtchen lebt. Die 17-jährige Jenny nimmt bei ihm Klavierunterricht. Plötzlich taucht das Gerücht auf, Clemens stehe auf junge Mädchen. Jenny sieht sich plötzlich dem Verdacht ausgesetzt, schwanger zu sein. Zudem geistert das Gerücht durch den Ort, dass sich neuerdings eine dunkle Gestalt herumtreibt. Für die Einwohner ist die Sache klar: Clemens steckt hinter der finsteren Gestalt.


Personen: 12 (6m/6w)


Die Presse schrieb:

Boshaftes aus der Gerüchteküche serviert

Erfolgreicher Start in die neue Saison: Theaterverein Reinsbronner Bühnenzinnober feierte Premiere des Stückes „Die Treibjagd“

Reinsbronn. Bei dieser Uraufführung gab es einiges zum Lachen und dazu noch viel zum Nachdenken: Mit dem Drama „Treibjagd“ präsentierte der Theaterverein „Reinsbronner Bühnenzinnober“ in seiner 27. Saison das nun schon 24. Stück aus der Feder des Finsterlohrer Mundartdichters Arno Boas. Profischauspieler Hannes Hirth aus Sommerhausen führte wieder Regie. Der Autor, ein Journalist mit dichterischer Ader, hat wieder einmal zur spitzen Feder gegriffen. Als Herr der Worte ist er vertraut mit der Macht der Worte – und so erlebten die Zuschauer ein 90-Minuten-Wort-Feuerwerk, wie immer gespickt mit Witz, Humor und Situationskomik. Das Premierenpublikum, durch die erfolgreichen Boas-Theaterstücke der letzten Jahre verwöhnt, hatte während der Aufführung immer wieder allen Grund, aus vollem Herzen zu lachen und auch die hohen Leistungen der Schauspieler mit spontanem Szenenapplaus zu quittieren. Doch wurde schnell deutlich, dass diesmal keine Komödie auf dem Spielplan stand, sondern ein Drama, das dem Zuschauer einen Spiegel vorhielt. Am Ende blieben den Akteuren  die Worte im Halse stecken. Lähmende Stille im Saal – bevor der verdiente Applaus aufbrandete. Warum? Das wird hier nicht verraten.
Eine ganz spezielle „Treibjagd“ auf Hohenlohisch erwartete die Besucher am Freitagabend im Reinsbronner Gemeindehaus. Gar lustig ging es zu in der „Gerüchteküche“, meisterhaft gespielt von den beiden Köchinnen Silke Herschlein und Janine Boas. Mit raffinierten Zutaten wie Sensationslust, Übertreibung und Gemeinheit würzten sie die brodelnden Gerüchte in ihrem Hexenkessel und hielten ihn unter schadenfrohem Lachen am Dampfen. Fast jeder aus der munteren Dorfgesellschaft bekam einen gehörigen Schluck davon ab. Die „Treibjagd“ konnte beginnen auf den Brettern, die die Welt bedeuten – es war perfekt angerichtet.

Das Opfer war schnell gefunden: Ein scheuer Musiker, der in seiner eigenen Welt lebte – eine Rolle, die Edgar Habel wie auf den Leib geschneidert war. Als  Klavierschülerin mit ehrgeizigen Ambitionen fungierte Juliane Meder. Mit Bravour mimte sie die „kesse Göre“, die nie um einen frechen Spruch verlegen war. Hier hat der Reinsbronner Theaterverein  ein junges Talent entdeckt, das sicher in Zukunft noch aufhorchen lassen wird. Susanne Stirmlinger brillierte in der Rolle einer sensationsgeilen Single-Frau, die mit ihren Verführungskünsten die Männer umgarnte.
Das „starke Geschlecht“, vertreten durch ein Trio aus Gastwirt, Stammtischbruder und Kommunalpolitiker, gierte  allerdings genauso nach Tratsch und Klatsch. Immer vorne dran war der mit allen Wassern gewaschene „Strahlemann“ Matthias, mitreißend gespielt von Jochen Heppel. Köstlich, wie er ständig sein fotogenes „staatstragendes“ Lächeln trainierte und dabei die Lachmuskeln des Publikums gehörig strapazierte! Genauso schlitzöhrig, jedoch bodenständiger gezeichnet, war der Gastwirt und Familienvater Werner. Eberhard Meder verkörperte diese Rolle mit viel Herzblut. Als dritter in der Stammtischrunde agierte routiniert Wolfgang Hess sowohl als Täter wie auch als Opfer der wabernden Gerüchteküche.

Erstmals in Reinsbronn zu erleben war Michaela Nörr, die Gastwirtin. Mit differenziertem Minenspiel gestaltete sie die Rolle der braven, gelegentlich aber auch aufmuckenden Ehefrau und ziemlich gestressten Mutter Jennys. Drei weitere Nachwuchstalente, die bereits in der Reinsbronner Jugend-Theatergruppe und in kleineren Rollen ihre ersten Erfahrungen gesammelt hatten, bereicherten das aufeinander eingespielte Ensemble: Micha Habel als unglücklich verliebter Jugendlicher, Johanna Habel als raffinierter Teenager und Friedrich Meder, ein „Looser“, der für ein wenig Anerkennung zu jeder Schandtat bereit war.
Hannes Hirth, ein Profi, der zum dritten Mal in Reinsbronn Regie führte, überzeugte durch allerhand ungewöhnliche Einfälle. Recht originell waren der fulminante Stampftanz der „Eingeborenen“ gleich zu Beginn der Stücks und die genial-einfache Idee vom „Wald ohne Wald“ – eine perfekte  Kulisse nicht nur für ein erotisch angehauchtes Jogging-Meeting zweier Akteure.
Minimalistisch war das Bühnenbild: Einige wenige Bretter auf drehbaren Podien  genügten dem Regisseur, um die unterschiedlichsten Schauplätze vom Gasthaus bis zum Kirchhof zu realisieren.
Mit Geschick meisterte das Technik-Team die Herausforderungen von Licht und Ton, gute Arbeit hatten Souffleusen und Maske, Bühnengestalter und Regie-Assistenz geleistet. Auch das Orga-Team arbeitete routiniert, Flyer und Plakate weckten den Appetit auf das neueste Produkt von Arno Boas.
Es spielen: Susanne Stirmlinger, Silke Herschlein, Janine Boas, Michaela Nörr, Juliane Meder, Johanna Habel, Jochen Heppel, Edgar Habel, Friedrich Meder, Micha Habel, Eberhard Meder und Wolfgang Hess.